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In den Medien wird Suizid mittlerweile thematisiert. Der Fokus ist jedoch auf die Prävention gerichtet, die Frage, was getan werden kann, um einen Suizid zu verhindern. Die Situation der Hinterbliebenen bleibt weitgehend unbeachtet.

Ihr Schicksal wird im Vergleich zur Tragik des Verstorbenen verharmlost. Auch sie brauchen Unterstützung und Begleitung auf ihrem Weg, diese traumatische Erfahrung zu bewältigen.

SUIZID UND GESELLSCHAFT

In der Schweiz begehen jährlich jährlich über 1‘000 Personen Suizid. Zurück bleiben Partner und Partnerinnen, Söhne und Töchter, Brüder und Schwestern, Mütter und Väter, Freundinnen und Freunde.

DAS SCHWEIGEN DES UMFELDES

Freunde, Nachbarn, Kollegen, Lehrer und Bekannte wissen oft nicht, wie sie auf einen Suizidfall reagieren sollen, sie fühlen sich hilflos und überfordert.

Sie äussern ihr Beileid und leisten anfänglich praktische Hilfe. Vergehen aber  die Tage, die Wochen und Monate, ändert sich dies. Der Suizid, die Not der Hinterbliebenen werden in den persönlichen Begegnungen nicht mehr thematisiert. Dadurch entsteht ein Klima des Schweigens, der gegenseitigen Sprachlosigkeit, das zusätzlich belastet und einsam macht.

Diejenigen, die das Gespräch suchen, sind oft zu eifrig mit ihren gut gemeinten Ratschlägen. So fühlen sich die Hinterbliebenen unverstanden, sie verschliessen sich zunehmend.

 

Häufig geschieht es auch, dass der Freundes- und Bekanntenkreis kleiner wird, sich mit der Zeit sogar auf nur einige wenige Personen beschränkt.

 

Nach einem Suizid begleitend und unterstützend da zu bleiben ist sehr anspruchsvoll.

DIE STIGMA-
TISIERUNG

Die Hilflosigkeit des Umfeldes hängt nicht zuletzt mit der Tatsache zusammen, dass Suizid traditionell als moralisch verwerflich gilt. Wer sich das Leben nimmt, wurde lange – und wird teilweise noch heute – als Sünder betrachtet.

Häufig wird die Familie stigmatisiert und ausgegrenzt in der Annahme, der Suizid hänge mit zerrütteten innerfamiliären Verhältnissen zusammen. Das Unfassbare, das Unbegreifliche braucht eine Erklärung, es folgen entsprechende Schuldzuweisungen. Der Familie wird damit zusätzliches Leid zugefügt. Familien, die den Suizid als Todesursache zu verschweigen und ihn als Geheimnis hüten, sind keine Einzelfälle. Sie tun dies zu ihrem Schutz.

 

Was weiter dazu beiträgt, dass Suizid ein Tabuthema bleibt, ist die Reduktion der möglichen Ursachen auf eine psychische Erkrankung. Psychisch krank zu sein wird gesellschaftlich immer noch stigmatisiert. So können Hinterbliebene Ausgrenzung erfahren, durch den Suizid selbst, die vermeintliche psychische Krankheit und die Schuldzuweisungen. Die Ursachen und Zusammenhänge sind jedoch vielschichtig und können nicht bis ins Letzte verstanden werden.

Der Suizid wird mittlerweile auch als Ausdruck von Selbstbestimmung und Freiheit, als grundlegendes Menschenrecht angesehen. Diese Betrachtungsweise wird dem suizidgefährdeten Menschen nicht gerecht: es ist die als ausweglos empfundene Lebenssituation und die damit verbundene tiefe Not, die zur Tat zwingt.

 

Der „Freitod“ in Begleitung einer Sterbehilfeorganisation stellt sich wieder anders dar. Hier ist es ein begleiteter Prozess, währenddessen der betroffene Mensch und seine Liebsten einen Weg gemeinsam gehen, sprechen, klären, sich verabschieden können. Aber auch dies geschieht letztlich vor dem Hintergrund einer Lebensrealität, die nicht frei gewählt ist.

 

Suizid darf nicht weiter ein gesellschaftliches Tabu bleiben und in den privaten Raum zurückgedrängt werden. Wenn die Tragödie nicht vermieden werden kann, dann ist den Hinterbliebenen tatkräftig und mitmenschlich beizustehen.

TRAUMA UND GESELLSCHAFT

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Traumata erlangte besondere Aktualität in der Zeit der beiden Weltkriege.

In den 1970er Jahren entstand der Begriff Trauma, als die Forschung begann, sich mit den Folgen von traumatischen Erfahrungen der Veteranen nach dem Vietnamkrieg zu befassen.

 

Jemanden durch Suizid zu verlieren ist ein Trauma. Für die Verarbeitung spielt es eine grosse Rolle, wie sich das soziale Umfeld zu der Traumatisierung, deren Ursachen und Folgen verhält.
 

Lange blieb die Verarbeitung die persönliche Angelegenheit der Betroffenen. An sie wurde der Anspruch gestellt, sich selbst, vielleicht auch mit fachlicher Begleitung, um ihre Heilung zu kümmern.
 

Erst später wurde erkannt, dass auch das Fehlen von Unterstützung nach dem Ereignis sich überlagernd traumatisch auswirken kann. Damit ist entscheidend, wie und ob das Umfeld und auch die Gesellschaft den Verarbeitungsprozess mitträgt und unterstützt.

Somit wären umfassendere Strukturen, die die betroffenen Hinterbliebenen auffangen und tragen, wichtig. Niederschwellige, unentgeltliche Hilfsangebote wie eine sozialpädagogische Familienbegleitung, ein Spitexdienst, eine individuelle Ansprechperson sollten zur Verfügung gestellt werden, und zwar über einen langen Zeitraum. Das Auffangen der Notfallsituation reicht alleine nicht. Im unmittelbaren Schockzustand kann kaum Hilfe angenommen werden. Im Dialog mit der betroffenen Familie kann die Hilfe den individuellen, sich wandelnden Bedürfnissen angepasst werden.

 

Suizidhinterbliebene sind nach wie vor zu sehr auf sich gestellt und in erster Linie auf die begrenzten eigenen Ressourcen und die des direkten privaten Umfeldes angewiesen. Das Trauma, die Überforderung in der Bewältigung und das ganze Ausmass der Folgen werden noch zu wenig erkannt.

 

Hinterbliebene nach einem Suizid sollten umfassender und breiter abgestützt, unterstützt und begleitet werden. Hier besteht eine politische, gesellschaftliche und persönliche Verantwortung.

HIER FINDEN SIE FACHLICHE HILFE:

Es ist möglich, dass Sie es alleine nicht schaffen. Dann suchen Sie professionelle Hilfe. Eine erste Ansprechperson kann Ihre Hausärztin / Ihr Hausarzt oder die Seelsorge Ihres Wohnortes sein. Reden Sie über das Ereignis, über Ihre Trauer und Ihre Sorgen, wie es weiter gehen kann.


 

143    
Dargebotene Hand

147  
Notruf Kinder und Jugendliche

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Psychiatrie Baselland, Liestal
    
Notfall für Kinder und
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